Begrenzte Demokratie

Ich freue mich sehr, heute wieder auf der Nürnberger Montagsdemo sprechen zu dürfen. Ich möchte ein paar Worte zum Thema Demokratie sagen.

Wir leben in einem privatkapitalistischen System. In einem solchen System haben die Vorstände und die Hauptanteilseigner der kapitalistischen Unternehmen und diejenigen, die sie reich machen, längst verstanden, dass selbst eine begrenzte demokratische Politik basierend auf einem universellen Stimmrecht ein systemisches Risiko darstellt. Die Arbeitnehmer der kapitalistischen Unternehmen – die mit ihren Familien die breite Mehrheit darstellen – könnten von ihrer zahlenmäßigen Stärke her die Möglichkeiten finden, ihre ökonomische Position zu verbessern. Sie könnten die demokratische Politik nutzen, das zu beseitigen, was sie aufgrund der undemokratischen Zustände in der Wirtschaft verloren haben. Sie könnten von der Regierung Interventionen in die Wirtschaft zu ihrem Vorteil und zum Nachteil der Unternehmensvorstände, der Hauptanteilseigner und der oberen 10 Prozent der Einkommensempfänger und der Reichen verlangen. Arbeiter, vereinigt für einen politischen Nutzen, könnten sich für die Besteuerung oder die Enteignung der Reichen aussprechen. Oder für Regulierungen. Oder die Arbeiter könnten als Mehrheit ihren politischen Aufstieg vorantreiben, um den Staat zu kontrollieren und dann, über den Staat die kapitalistischen Unternehmen zu kontrollieren oder zu übernehmen. Das war, nach allem, die Hauptstoßrichtung des traditionellen Sozialismus des vergangenen Jahrhunderts. Das repräsentierte eine Verwirklichung des systemischen Risikos für die Privatkapitalisten und die von ihnen abhängigen Reichen.

Um das zu verhindern, finanzieren die Privatkapitalisten die vorherrschenden Koalitionen der Parteien (oder Fraktionen innerhalb dieser Parteien). Kapitalisten müssen Teile ihres Vermögens zur Unterstützung verbündeter politischer, ökonomischer und kultureller Organisationen als gesellschaftlicher Basis für solche Parteienkoalitionen ausgeben. Dies beinhaltet kulturelle Organisationen die Theorien, Religionen und andere Weltanschauungen verbreiten, die den Kapitalisten helfen. Um die Politik zu kontrollieren, muss man formen, wie die Masse der Leute das Geschehen auf der Welt begreift. Der marxistische Theoretiker Antonio Gramsci bezeichnete das als „hegemonischen Block“.

Der entscheidende Punkt ist, dass die kapitalistische Organisation von Betrieben Widersprüche, Spannungen und Krisen generiert. Die Masse der Arbeiter, die von der Führung der kapitalistischen Unternehmen, in denen sie arbeiten, ausgeschlossen ist, kann vernüftigerweise auf die Kommunalpolitik schauen, um diesem Ausschluss und seinen Effekten entgegenzuwirken. Universelles Stimmrecht und repräsentative politische Demokratie haben manchmal in privatkapitalistischen Systemen manchmal solche Möglichkeiten eröffnet. Kapitalisten haben solche Möglichkeiten bemerkt, diese als Bedrohung erkannt und effektive Wege gefunden, diese zu begrenzen und zu kontrollieren. Sie haben hegemonische Blocks innerhalb und außerhalb von Regierungen gebildet, um die Reproduktion der von ihnen gewünschten sozialen Ordnung abzusichern. Sie haben die Arbeiter von der Demokratisierung ihrer Unternehmen und ihrer Verwandlung in von Arbeitern geführte Produktionsgenossenschaften verhindert. Das wiederum hat verhindert, dass Arbeiter und ihre Interessen die Entscheidungen leiten, was, wie und wo das Unternehmen produziert und wie die erzielten Überschüsse verteilt werden. Die Erfolge der Kapitalisten verfestigen die Grundwidersprüche im Herzen der kapitalistischen Organisation der Produktion.

Die Arbeiter spüren ihren Ausschluss davon, die politischen wie ökonomischen Schlüsselentscheidungen machen zu können. Da können die da Oben noch so sehr „unsere Demokratie“ feiern.

Was wir brauchen, ist eine Gesellschaft mit demokratischen Betrieben in Form von arbeitergeführten Produktionsgenossenschaften und einen demokratischen Arbeiterstaat. Das ist der echte, der wissenschaftliche Sozialismus.

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